Nach zähen Verhandlungen hat der Vermittlungsausschuss heute seine Beschlussempfehlung für die Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) (BT-Drs. 18/9690). Sollten Bundestag und Bundesrat dieser Vorlage zustimmen, wird das Gesetz rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten.

Die Reform war nötig, weil das Bundesverfassungsgericht die bestehenden Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen in den §§ 13a, 13b ErbStG in Verbindung mit der Steuertarifnorm (§ 19 ErbStG) für verfassungswidrig erklärt hatte (Urteil vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12). Der Gesetzgeber ließ die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist, bis zum 30.06.2016 ein neues Gesetz zu verabschieden, verstreichen. Eine Einigung innerhalb der Koalition bzw. mit den Bundesländern, die dem Gesetz im Bundesrat zustimmen müssen, konnte der Vermittlungsausschuss erst jetzt erreichen.

Was bleibt?

  • Struktur der Begünstigung für Betriebsvermögen: Der Gesetzgeber ändert nur die Details, die das Gesetz verfassungswidrig machen.
  • Verschonungsabschlag von 85% (Regelverschonung) bzw. 100% (Vollverschonung) für Betriebsvermögen: Eine vollständige Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungsteuer ist möglich.
  • Koppelung der Befreiung an die Lohnsumme (Erhalt der Arbeitsplätze), Fortführung des Unternehmens für fünf bzw. sieben Jahre und Maximalquote für das unproduktive Vermögen (sogenannte Verwaltungsvermögensquote).

Was kommt?

  • Große Betriebsvermögen über € 26 Mio. (Großerwerbe): Die vollständige Befreiung gilt nur bei einem Erwerb von Betriebsvermögen maximal € 26 Mio. Zwischen € 26 Mio. und € 90 Mio. schmilzt die Befreiung ab (Abschmelzungsmodell). Ab € 90 Mio. ist auch Betriebsvermögen voll steuerpflichtig. Alternativ kann der Erwerber das sogenannte Erlassmodell wählen, wenn er nicht über ausreichend Privatvermögen verfügt, um die Erbschaftsteuer bei einem Großerwerb zu zahlen. Auf Antrag ist eine teilweiser oder sogar vollständiger Erlass der Steuer möglich. Das Erlassmodell steht auch beim Erwerb von Betriebsvermögen im Wert von über € 90 Mio. zur Verfügung. Es ist attraktiv für die vorweggenommene Erbfolge, wenn die (häufig noch minderjährigen) Kinder noch kein Privatvermögen aufgebaut haben.
  • Erleichterung bei der Lohnsumme für Kleinunternehmen: Betriebe mit mehr als fünf und weniger als zehn Beschäftigten bzw. mit mehr als zehn aber weniger als 15 Beschäftigten müssen eine geringere Mindestlohnsumme erreichen als Betriebe ab 15 Beschäftigten.
  • Verwaltungsvermögensquote: Die Quote des Verwaltungsvermögens am gesamten Betriebsvermögen darf bei der Vollverschonung maximal 20% betragen.
  • Definition des Verwaltungsvermögens:
    • Einschränkung bei Altersvorsorgeverpflichtungen: Vermögen, das ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Altersvorsorgeverpflichtungen dient, ist kein Verwaltungsvermögen.
    • Kunstsammlungen, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Segelyachten und ähnliche Gegenstände, die typischerweise der privaten Lebensführung dienen, zählen nun ausdrücklich zum Verwaltungsvermögen – es sei denn, dass der Handel mit diesen Gegenständen Hauptzweck des Unternehmens ist.
    • Vermietete Grundstücke sind kein Verwaltungsvermögen, wenn sie vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen (z.B. von Dritten betriebene Lager, Logistik).
    • Finanzmittel: Jedes Unternehmen ist auf ein gewisses Maß an liquiden Mitteln angewiesen und hat laufende Forderungen. Deshalb zählen Finanzmittel im Wert von 15% des gesamten Betriebsvermögens nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen. Die Quote der Finanzmittel wird wie folgt berechnet: (Zahlungsmittel + Geschäftsguthaben + Geldforderungen + andere Forderungen – Schulden)/Wert des Betriebsvermögens ≤ 15%.
  • Gestaltungsspielraum durch Umwandlung von Verwaltungs- in Produktivvermögen (nur im Erbfall): Der Erblasser hatte eine Investition geplant, konnte diese jedoch vor seinem Ableben nicht mehr durchführen. Der Erwerber hat nun zwei Jahre Zeit, genau diese Investition durchzuführen. Das dafür verwendete schädliche Verwaltungsvermögen (z.B. Barmittel) wird dann rückwirkend in Produktivvermögen umqualifiziert.
  • Vorab-Abschlag bei restriktivem Gesellschaftsvertrag bzw. restriktiver Satzung: Der Gesetzgeber zielt vor allem Familienunternehmen, die langfristig in Familienhand bleiben sollen und nur einen Teil ihrer Gewinne an die Gesellschafter auskehren. Ein Abschlag von bis zu 30% auf den Unternehmenswert ist möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung besondere Restriktionen bei der Entnahme bzw. Ausschüttung von Gewinnen und der Übertragung der Beteiligung vorsieht und deren Gesellschafter bei Ausscheiden eine Abfindung erhalten, die unter dem Verkehrswert ihrer Beteiligung liegt. Der Abschlag wird relevant, wenn die Erwerber nur die Regelverschonung von 85% in Anspruch nehmen und/oder wegen Verstoßes gegen die Begünstigungsvorschriften den Erwerb nachversteuern müssen.
  • Bewertung nach vereinfachtem Ertragswertverfahren: Der Kapitalisierungsfaktor wird auf 13,75 festgeschrieben. Unternehmenswert = nachhaltig erzielbarer Jahresertrag x 13,75.
  • Stundung der Erbschaftsteuer: Die Stundung wird für nur noch maximal sieben Jahre gewährt und ist nur im ersten Jahr zinsfrei. Der Zinssatz in den Folgejahren beläuft sich auf 6% p.a.

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